Zwischen Abi und Studium: So kann sich ein Bufdi am Gymnasium lohnen – trotz Corona

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Anna Franke vor der FSG-Graffitt

Rüthener Tageszeitung „Der Patriot“, Marcus Kloer, 29. April 2021

Bundesfreiwilligenjahr von Anna Franke am Friedrich-Spee-Gymnasium

Anna Franke macht zur Zeit ihr Bundesfreiwilligenjahr an dem Friedrich-Spee-Gymnasium Rüthen. Die 18jährige Anröchterin hat sich im vergangenen Jahr – schon unter den Rahmenbedingungen der Pandemie – um die Stelle beworben und war mit einigen Plänen und Erwartungen gestartet. Die sind auch durchaus erfüllt worden, wenn auch einiges nicht in vollem Umfang so möglich war, wie es in einem normalen Schuljahr gewesen wäre. Anna Franke zieht nach gut acht Monaten an dem Rüthener Gymnasium schon ein zufriedenes und auch dankbares Fazit, neben den Begegnungen mit den Schülern, gesammelten Erfahrungen in der pädagogischen und sozialen Arbeit, beeindruckte sie auch die gute Aufnahme in dem Kollegium des Friedrich-Spee-Gymnasiums, das sie offen und immer hilfsbereit in den Schulalltag eingebunden hat.

Erwitter Abiturientin möchte Lehrerin werden

Im vergangenen Jahr hat Anna Franke an dem Gymnasium Erwitte ihr Abitur gemacht. Danach wollte sie Lehrerin werden, schon seit Kindheitstagen war das ihr Plan. Aber nach dem Abitur sofort studieren gehen, kam ihr nach zwölf Jahre Schule irgendwie zu früh. „Ich wollte noch reifen“, sagt Anna Franke und fand eine Bundesfreiwilligenstelle an einer Schule als einen gut geeigneten Ort dafür.
Da kam die Ausschreibung an dem Friedrich-Spee-Gymnasium genau passend. Mit jungen Menschen hatte Anna Franke schon zuvor gearbeitet, Nachhilfe und Reitunterricht gegeben. Doch wie ist es, über die Jugendarbeit hinaus in einer Schule zu arbeiten und auch mal vor einer Klasse zu stehen?
Eventuelle Sorgen oder Schwellenangst waren schnell genommen.

Ausschreibung der Bundesfreiwilligenstelle durch die stellvertretende Schulleiterin Dr. Barbara Kühle

Dr. Barbara Kühle und Anna Franke
Dr. Barbara Kühle und Anna Franke

An dem Friedrich-Spee-Gymnasium kümmert sich die stellvertretende Schulleiterin Dr. Barbara Kühle um die Ausschreibung der Bundesfreiwilligenstelle und war ein vertrauensvoller Ansprechpartner für Anna Franke. Mit ihrer Unterstützung startete die junge Anröchterin zu Beginn des Schuljahres in eine spannende Erfahrung. Dass sie das Jahr – Pandemie hin, Pandemie her – durchziehen wollte, war ihr schon nach dem ersten Tag klar, sagt sie und lobt einmal mehr die herzliche Aufnahme. Die hat sie besonders auch von dem Erprobungsstufenteam erfahren, welches für die Arbeit und Betreuung der Klassen fünf und sechs zuständig ist. Dort war Anna Franke schwerpunktmäßig eingesetzt. Beispielsweise in der Übermittagsbetreuung, wenn die Schüler unter pädagogischer Anleitung ihre Hausaufgaben machen können. Das Angebot gibt es an dem Friedrich-Spee-Gymnasium von Montag bis Donnerstag, in der momentanen Zeit als Wochenmodell, in dem die Jahrgänge versetzt an unterschiedlichen Tagen anwesend sind. Ein weiterer Einsatzbereich von Anna Franke ist die Notbetreuung, die im Januar eingerichtet wurde. Sie bietet in der Pandemie Hilfe für Kinder, die mehr Unterstützung benötigen. Neben Schulstoff kann das auch Hilfe im Umgang mit der Technik beispielsweise angesichts der Herausforderungen von Distanzunterricht sein.

„Mädchen für alles“ unterstützt effektiv die Arbeit des Kollegiums

„Ich bin aber auch das Mädchen für alles“, sagt Anna Franke und meint das im besten Sinne. Da nennt sie zum Beispiel die Öffnungszeiten in der Schülerbibliothek Eselsohr, wenn die Klassen aus der Unter- und Mittelstufe Bücher ausleihen können. Ein wichtiges Einsatzgebiet ist ihr auch DAZ – Deutsch als Zielsprache. Bei dem Angebot unterstützt Anna Franke Schüler, die nicht aus Deutschland kommen und Sprachschwierigkeiten haben oder die deutsche Sprache neu lernen. Schwerpunkte werden in Fächern wie Deutsch, Mathematik und Englisch gelegt, in Präsenz und online. Die Lehrer haben nur beschränkte Stundenzahlen für Förderung zur Verfügung, um so wichtiger sei die Unterstützung durch die Bundesfreiwilligenstelle, betont Dr. Barbara Kühle.
Anna Franke geht aber auch mit in den regulären Unterricht. Da gibt es auch für die Abiturientin aus dem Jahr 2020 noch spannende Dinge zu erleben. Sportlich ging es im Schwimmunterricht zu. In der Klasse sechs hat sie im Biologieunterricht beim Sezieren geholfen. Mit dem Jahrgang war sie auch auf einer Exkursion in dem Bibeldorf Rietberg, welche das Gymnasium in den Schuljahren regelmäßig anbietet. Das Wissen aus dem Religionsunterricht wurde dabei um praktische Einblicke in das Leben der Menschen in Zeiten, als die biblischen Geschichten handelten, ergänzt. Die Schüler konnten beispielsweise ein Seil drehen, Salz gewinnen, Mehl mahlen und sehen, wie die Häuser aussahen oder wie die Menschen gelebt haben. Zusätzlich gab es interessante Vorträge, erinnert sich Anna Franke.
Am Freitag ist in der vierten Stunde am Friedrich-Spee-Gymnasium für die fünfte und sechste Klasse Unterricht im Neigungsband. Dann können die Schülerinnen und Schüler über die normalen Schulstunden hinaus Dinge wie Musik, Malen, Theater oder Fussball ausprobieren. Auch da hat Anna Franke die Lehrer unterstützt und berichtet besonders lebhaft von der Theatergruppe, die Britta Wiegand-Claes leitet. Die Kinder haben erst spielerisch gelernt, auf der Bühne zu stehen, Hemmungen abzulegen und ein besonderes Selbstbewusstsein entwickelt.

Neue Erfahrungen durch selbst vorbereitete und geleitete Lerneinheiten

Anna Franke bei der Hausaufgabenbetreuung
Anna Franke bei der Hausaufgabenbetreuung

Das waren für Anna Franke eine Menge neue Erfahrungen. Zwischenzeitlich durfte sie in Abstimmung mit der Lehrkraft auch selber unterrichten und hatte sich dafür eine Stunde in Mathematik ausgesucht. Da stellten sich ihr einige Fragen. Wie baut man eine Stunde auf, wie wird den Schülern das Thema erklärt, welche Aufgaben gibt es? Gemeinsam wurde eine Stunde zu der „Proportionalen Zuordnung“ vorbereitet, die mathematische Theorie mit einer gebastelten Tabelle anschaulich aufbereitet und die Bundesfreiwilligendienstleistende konnte beobachten, wie die Kinder mitmachten und den Schulstoff verstanden. In anderen Stunden konnte sie im Hintergrund Schüler mit besonderem Förderbedarf beim Verstehen des Unterrichtsstoffes unterstützen.

Distanzlernen mit moderner Ausstattung als Teil des Praktikums

Überhaupt war bis zu den Winterferien das Schulleben fast normal, sagt Anna Franke. Ein bisschen hat sie sonst übliche Angebote wie Arbeitsgemeinschaften in Naturwissenschaft, Tanz, Holz und anderen Angeboten vermisst. Aber auch so war viel zu tun und zu erleben. Das hat sich mit dem zweiten Lockdown geändert. Doch auch dann hat Anna Franke sich ihre Motivation nicht nehmen lassen und andere Aufgaben in der Schule übernommen. Schulleiter Heinfried Lichte lobt die gute infrastrukturelle Ausstattung an dem Friedrich Spee Gymnasium. Für alle Jahrgänge sei eine neue Kommunikationsplattform geschaffen worden, die Schüler haben für ihre Computer das Programm Office 365 zur Verfügung gestellt bekommen. Nachdem sie im Unterricht den Umgang damit gelernt hatten, waren sie für verschiedene Formen des Unterrichtes auch digital gerüstet. Der Stundenplan sei sogar weitgehend normal geblieben, sagt Lichte und erklärt das System für digitalen Unterricht. Der ist eine Mischung aus Online-Präsenzstunden und sogenannten EVA Stunden, in denen die Schüler eigenverantwortlich an Unterrichtsstoff arbeiten.
Aufrecht erhalten blieb die Hausaufgaben, als neuer Aufgabenkreis ist für Anna Franke die Notbetreuung hinzugekommen. Daneben half sie im Sekretariat, beispielsweise bei der Rückgabe von vor den Ferien geschriebenen Klassenarbeiten. In der Pausenhalle hat sie mit Pinsel, Farben und Malerkittel mit angepackt, wo in der Q2-Ecke ein neu an die Wand gemaltes Logo der Schülervertretung das Ambiente verschönert.

Neue „Bufti“-Stelle am FSG bereits ausgeschrieben

Die Summe der Erfahrungen macht es vielleicht aus, was Anna Franke so zufrieden lächeln lässt. Besonders lobt sie die gute Integration in den Schulbetrieb. „Ich hatte keine Probleme, mich einzuleben. Es wurde einem leicht gemacht und ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt“, berichtet sie. Dabei hat ihr die Zeit auch bei ihrer Zukunftsplanung geholfen. Das Bundesfreiwilligenjahr dauert noch bis zu den Sommerferien. Danach möchte Anna Franke ein Lehramtstudium für die Sekundarstufe I und II beginnen. Die Fächer Englisch und Erdkunde sollen es sein, dazu hat sie sich in ihrer Zeit an der Rüthener Schule entschieden. Dabei waren auch Einblicke hilfreich, welche Möglichkeiten und Anforderungen es beim Unterrichten in den jeweiligen Fächern gibt – wertvolle praktische Erfahrungen, die anders wohl nur schwer zu bekommen gewesen wären.

„Ich hatte keine Probleme, mich einzuleben. Es wurde einem leicht gemacht und ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt.“

Anna Franke im Bundesfreiwilligenjahr am FSG

Von ihrem Bundesfreiwilligenjahr hat Anna Franke auch im Rahmen der Berufsorientierungstag am Friedrich-Spee-Gymnasium berichtet. Danach gab es schon Bewerbungen für das neue Schuljahr, wenn wieder eine „Bufti“-Stelle ausgeschrieben werden soll. Anna Franke ist die zweite Bundesfreiwillige am Friedrich-Spee-Gymnasium, im neuen Schuljahr geht das Angebot dann in die dritte Runde. Den Lehrern werde so Arbeit abgenommen und im Schulalltag an verschiedenen Stellen Erleichterung geschaffen, betont Dr. Barbara Kühle. Und für den Bundesfreiwilligendienstleistenden ist es eben auch eine wichtige Erfahrung. Neben den praktischen Einblicken wird die auch durch Seminar- und Bildungsangebote ergänzt, die den Bundesfreiwilligen in dem Jahr offen stehen.