Im Ernstfall oft die letzte Rettung

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Schüler des FSG Rüthen registrieren sich als Stammzellenspender

Tageszeitung „Der Patriot“ vom 10. November 2022 / Sarah Bsdurek

Alle zwölf Minuten erhält ein Mensch im deutschsprachigen Raum die Diagnose Blutkrebs – weltweit sogar alle 27 Sekunden. „Das ist aber keine Diagnose ohne Ausweg“, erklärt Franziska Wenger von der DKMS (Deutsche Knochenmarkspende). Für einen Vortrag ist die Volunteer an das Friedrich-Spee-Gymnasium gekommen, um den Schülerinnen und Schülern der Q1 und Q2 das Registrierungsverfahren und den Ablauf einer Stammzellenspende näherzubringen.

Für viele Patienten mit Blutkrebs – auch bekannt unter dem Begriff Leukämie – ist eine Stammzellentransplantation oft die letzte Rettung. Dabei werden die bösartigen, fehlerhaften Stammzellen mit gesunden Spenderzellen ausgetauscht. „Klingt in der Theorie ganz simpel, ist es praktisch aber leider nicht“, sagt Wenger.

Einer von zehn Erkrankten findet keinen geeigneten Spender, denn die Gewebemerkmale von Spender und Empfänger müssen übereinstimmen. Deshalb werde zunächst in der Familie nach einem Spender gesucht. „Aber nur bei 30 Prozent kommt ein Familienmitglied infrage.“ Bei den übrigen 70 Prozent geht die Suche nach einem Spender unter allen registrierten Personen dann weltweit weiter.

Erfahrungsbericht: So verläuft eine Spende

Potenzielle Spender werden von der DKMS kontaktiert und informiert und haben dann die Möglichkeit, frei zu entscheiden, ob sie tatsächlich spenden möchten beziehungsweise ob ihre Lebensumstände eine Stammzellenspende zulassen oder nicht. Einen derartigen Anruf bekam auch Norman Halberschmidt – Abiturient des Jahrgangs 2014 – im November 2021 von der DKMS, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass er als Spender infrage kommt. Um den Schülerinnen und Schülern von seiner Erfahrung zu berichten, kam er nun an seine einstige Schule zurück.

Anfangs ist ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen, gibt er offen zu. Die Risiken hätten ihn abgeschreckt und er habe sich die Frage gestellt: „Was passiert mit meinem Körper?“. Da er Profisport betreibt, zog er zunächst „nur“ eine Spende in Form einer sogenannten Blutwäsche in Betracht. Diese kann ambulant durchgeführt werden, weil die Stammzellen aus dem Blut gefiltert werden. Die Option einer Operation, bei der Stammzellen aus dem Rückenmark entnommen werden, schloss Halberschmidt für sich aus. Da er Profisportler ist, seien die Bedenken zu groß gewesen, nach der Operation nicht mehr leistungsfähig zu sein. Als dann aber im Januar der Anruf kam, dass es dem Patienten zunehmend schlechter gehe und eine Operation die Rettung sein kann, stand für Halberschmidt fest: „Der Mehrwert der Spende ist viel bedeutender als meine egoistischen Gedanken.“ Also spendete er schließlich im Mai seine Stammzellen, entnommen direkt aus dem Rückenmark. „Kurz nach der Operation habe ich ein paar Infos über den Empfänger bekommen. Er ist aus dem deutschsprachigen Raum, männlich und über 30 Jahre alt“, beschreibt Halberschmidt. Und als er informiert wurde, dass es dem Empfänger gut gehe, habe er gedacht: „Cool, mit so wenig Aufwand hat jemand die Chance auf ein neues Leben bekommen. Ich habe nicht mal ‘ne Narbe und konnte nach einer Woche direkt wieder Sport machen.“ Für sein abschließendes Fazit – „Was soll ich sagen? Ich würde es genau so wieder tun.“ – bekam er kräftigen Applaus der Schülerinnen und Schüler.

Im Anschluss an die Vorträge hatten alle ab 17 Jahren die Chance, sich direkt in der Aula des Gymnasiums zu registrieren und sich in die Datenbank der Stammzellenspender aufnehmen zu lassen. Von den insgesamt 165 Schülerinnen und Schülern sind 97 alt genug, 43 von ihnen nahmen das Angebot der Registrierung an. „Das ist mit fast 50 Prozent ein guter Schnitt“, freut sich Lehrer Jan Emmerich, der die Veranstaltung organisiert hat. Und auch Franziska Wenger ist zufrieden. Meist liege die Quote bei rund 30 Prozent.