Auf Stippvisite in der Stratosphäre

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Rüthener Gymnasium startet Wetterballon

Tageszeitung „Der Patriot“ vom 21.12.2021 / Sanimir Osmic

Vor dem Start herrschte allerdings noch geschäftiges Treiben auf dem Platz an der Rüthener Schule: Sätze wie „Wir brauchen hier Kabelbinder“, oder „Wo sind die Streichhölzer?“ sausen durch die Luft und reichlich Klebeband kommt zum Einsatz. „Das Ding ist gar nicht so leicht zu bändigen“, ruft MINT-Koordinator Jan Emmerich, während er die Ballonhülle festhält, die sich langsam mit Helium füllt.
Zeitgleich bereiten Lehrer und Schüler die Apparaturen vor, die mit dem Ballon auf die Reise gehen sollen. In einer angehängten Styroporsonde nimmt unter anderem eine Kamera Platz, die ein Video vom Aufstieg und insbesondere Aufnahmen der Erde aus der Stratosphäre anfertigen soll, berichtet die stellvertretende Schulleiterin Dr. Barbara Kühle. Sie leitet die Astronomie-Arbeitsgemeinschaft, deren 14 Teilnehmer kurz vor den Herbstferien mit den Vorbereitungen zum Projekt begannen.
Auch ein Experiment ist mit an Bord: Der Aufbau enthält ein Reagenzglas mit einer chemischen Flüssigkeit, welche die besondere UV-Strahlung in großer Höhe belegen soll. Und woher weiß man, wo sich der Ballon befindet? „Er hat einen GPS-Tracker“, antwortet AG-Mitglied Till ganz selbstverständlich. Und mit Hilfe eines Datenloggers soll später der Flug rekonstruiert werden.

Für den rund dreistündigen Flug des Ballons musste eine Genehmigung bei der Bezirksregierung eingeholt werden. Auch eine Luftfahrt-Haftpflichtversicherung wollte abgeschlossen werden: „Davon hatte ich vorher noch nie etwas gehört“, berichtet die Lehrerin von den Vorbereitungen. Wie bei jedem wichtigen Unterfangen in luftiger Höhe, musste auch der Start des Wetterballons einige Male wegen schlechten Wetters verschoben werden. Und selbst an diesem Morgen sah es zunächst kurz danach aus, als ob der Ballon am Boden bleiben müsste. Doch der Himmel klärte sich auf und sogar etwas Sonnenschein begleitet nun das Geschehen auf dem Schulhof.

Vorbereitungen auf den Start

Während emsige Hände alles für den Start bereitmachen, erläutert Lehrer Daniel Rikus über ein Mikrofon einige Details. So werde der Ballon rund 35 Kilometer hoch aufsteigen. „Das ist so weit wie nach Paderborn, nur nach oben hin“. Zudem erklärt er der Schülerschaft, dass Helium statt Wasserstoff zum Einsatz kommt, auch wenn letzteres eine niedrigere Dichte aufweise. Allerdings sei Wasserstoff leicht brennbar. „Zudem könnte dann die Frau Kühle den Ballon auch nicht mehr halten, sondern würde fortschweben“, erläutert er mit Blick auf die stellvertretende Schulleiterin, die zwischenzeitig die Kontrolle über den Ballon übernommen hat.

Der Start

Dann ist der Moment gekommen und mit großen Augen verfolgen Lehrer und Schüler, wie das Flugobjekt abhebt. „Jetzt ist er schon über dem Romberg“, betont Jan Emmerich wenige Momente später mit Blick auf sein Smartphone, welches die Position auf einer Karte darstellt. Am Ende seiner Flugreise soll der Wetterballon planmäßig platzen, und die Styroporsonde soll dann an einem Fallschirm zurück zur Erde sinken. Daher ist auch Eile geboten, denn nun geht es für Barbara Kühle und Jan Emmerich ins Auto, um hinterher zu fahren. „Eigentlich hatten wir gehofft, dass sie bei Kassel herunterkommt“, berichtet die AG-Leiterin, dass aufgrund starker Winde der nunmehr berechnete Landeplatz südlich von Erfurt zu erwarten sei. Und die stellvertretende Schulleiterin hofft, dass sie nicht etwa auf einen Baum steigen müssen, um die Sonde zu bergen.

Diese war an dem Tag um 13.34 Uhr am Rand des Dorfes Krassach in Oberfranken in einer Hecke gelandet – und damit etwa 100 Kilometer weiter südlich als von der App berechnet, berichtete Barbara Kühle im Nachgang. „Natürlich haben wir noch an der Fundstelle einen Blick auf die Kameraaufnahmen geworfen und waren tatsächlich begeistert.“

Diese fantastischen Aufnahmen von Mutter Erde hielt die Kamera des Wetterballons während seines Aufenthalts in der Stratosphäre fest. Ein Reagenzglas für ein Experiment sowie ein Spielzeugastronaut, der die Namen der Schule und des Förderers in den Händen hält, waren dabei mit an Bord.