Literaturkurs des FSG bringt Sammlung von Einaktern auf die Bühne der Alten Aula
Tageszeitung „Der Patriot“ / Marcus Kloer
„Na, dann kann man ja gleich mit sich selber reden“, sagte Arthur (Alex Fröhlich) zum Ende des Stückes, als drei Szenen gespielt waren. Eine späte, aber vielleicht treffende Zusammenfassung, die Ichbezogenheit und Unfähigkeit zur Kommunikation der vier Personen parodierte, die da auf den Parkbänken Platz genommen hatten.
Der Oberstufen-Literaturkurs des Friedrich-Spee-Gymnasiums zeigte in seiner diesjährigen Inszenierung Ausschnitte aus „Konfusionen“, einer Sammlung von Einaktern des britischen Erfolgsautors Alan Ayckbourn. In den Dialogen werden Charaktere skizziert, die teils alltägliche, bisweilen aber auch kuriose oder skurrile Verhaltensmuster zeigen. Die Szenen spielen in unterschiedlichen Umgebungen und portraitieren in den sich entwickelnden Dialogen Auffälligkeiten wie offenkundige Fehlsteuerungen zwischenmenschlicher Interaktion und Kommunikation. Unterstrichen wird das von den parodierten Charakteren, die mit Klischees und tradierten Geschlechterrollen spielen. Wie so häufig liegen dabei Tragik und Humor eng beieinander, sodass die Zuschauer ein Wechselbad an Emotionen erlebten.
Eine Besonderheit des Stückes: Ayckbourn schrieb das Bühnenspiel für ein kleines Ensemble. Lediglich vier junge Schauspieler aus der Oberstufe des Gymnasiums traten in elf Rollen auf. Neben der gezeigten Vielseitigkeit war die Inszenierung auch eine besondere Herausforderung für den Literaturkurs, die doch prächtig umgesetzt wurde.
1974 uraufgeführt, verkörpert das Stück vielleicht für manchen Zuschauer stereotype Darstellungen von Geschlechterrollen, die Ayckbourn mit Ironie betrachtet. Zwar ist das Stück zwischenzeitlich über 50 Jahre alt, doch sieht Regisseur Andreas Dierkes in den Dialogen und dem Weltbild eine ihn wohl bewegende Aktualität. In der Anmoderation nannte er eine sich wandelnde Wahrnehmung von Gleichberechtigung und tagespolitischem Geschehen, die in Teilen der Gesellschaft traditionellere Ansichten erkennen lasse und Rückenwind bekomme. Das Stück möchte ohne vorgegebene Wertung offene Diskussionen anregen, lud Andreas Dierkes zu einer konstruktiven Auseinandersetzung ein.
Dazu hatte das Publikum in drei voneinander unabhängigen Szenen die Möglichkeit. Das Bühnenbild einer unaufgeräumten Wohnung zur Begrüßung, Nachbarin Lucy (Lotta Schulenberg) wurde lange nicht gesehen. Als Rosemarie (Leyla Gülhan) von nebenan zu Besuch kommt, nennt Lucy klischeehaft Arbeit mit den Kindern, der Mann sei selten zu Hause. So entwickelt sich ein Dialog, auch Rosemaries Ehemann Terry (Alex Fröhlich) kommt herüber und mischt sich aus einem patriarchischen Weltbild in das Gespräch ein. So stellt sich dem Publikum die Frage, ob man Mann in einen Käfig sperren kann, „denn wenn Du ihn fängst, hast Du ihn schon verloren“, und ob sich die Frau in dem Umfeld wohlfühlt? Eine weitere entlarvende Rhetorik des Stückes: andere in einer Rolle zu sehen, ohne sich die eigene Rolle im Lebensumfeld bewusst zu machen.
In Szene zwei trifft Harry (Alex Fröhlich) zwei Frauen in einer Bar, gibt ihnen Getränke aus und lässt im Laufe des Gespräches und mit zunehmendem Alkoholgenuss männlichen Instinkten von Angeberei und Komplimenten bis zweideutige Anspielungen freien Lauf. Auf der anderen Seite gehören zwei Parteien dazu, während die eine Frau (Lotta Schulenberg) gerne in die Bar gehen wollte, war die andere (Leyla Gülhan) in der Rolle der Anstandsdame eher die Mahnerin zum Gehen. Und der Ober (Charlotte Schmidt) war ohnehin einfach neutral, solange das Trinkgeld stimmte.
Weiter geht der Schauplatz in einen Park. In der dritten Szene sitzen drei Personen auf Parkbänken, zu Beryl (Leyla Gülhan) setzt sich Arthur (Alex Fröhlich) und redet unaufgefordert über sein einsames Leben. Als Beryl etwas entnervt aufsteht und auf einer anderen Bank Platz nimmt, ändert sich ihre Rolle. Bis dahin nahezu schweigend, offenbart sie ihrem neuen Banknachbarn Charles (Lotta Schulenberg) ihre Eheprobleme, bis auch Charles den Standort wechselt und es kam, wie das Drehbuch es vorsieht. Auf der dritten Bank Platz genommen, offenbart der „geflüchtete“ Unternehmer Charles sein Familienschicksal und sorgt damit zu dem nächsten Parkbankeklat, als Doreen (Charlotte Schmidt) auf der ersten Bank Platz nimmt, wo noch Arthur sitzt. Den mochten ihre Geschichten von dem eigenen Hund aber auch nicht zu begeistern. Als so keiner mehr neben einem anderen Sitzen wollte, kommt es zu einem wirren Durcheinanderlaufen auf der Bühne, das Arthur wie oben genannt eben treffend parodiert: „Na, dann kann man ja gleich mit sich selber reden“.
Parallel zu der Theateraufführung präsentiert der „Darstellen&Gestalten“-Kurs der Jahrgangsstufe 9 unter dem Titel „GESICHTER-GESCHICHTEN“ eine Ausstellung individuell gestalteter Masken, die nach dem Selbstverständnis des Kurses weit mehr sind als nur kunstvolle Hüllen. Jede Maske erzählt ihre eigene Geschichte, ergänzt durch Fotos, auf denen die Schüler aus der Mittelstufe des Gymnasiums selbst in ihre Rollen schlüpfen, sowie persönliche Texte wie Tagebucheinträge, Gedichte oder Gedankenfragmente. Die Besucher waren entsprechend eingeladen, hinter die Maske zu blicken und zu erleben, wie sie zum Leben erwachen und die eigenen Gedanken nach außen tragen. Auch da war sie wieder, die menschliche Kommunikation, die doch wichtig ist und den Menschen als ein Charakteristikum ausmacht. Denn sonst „… kann man ja gleich mit sich selber reden.“
Fotos der Aufführung (Tobias Neumann, FSG):













































Fotos (Tobias Neumann, FSG) des Darstellen&Gestalten-Kurs:































