Über die Faustpremiere schreibt der Patriot in seiner Montagsausgabe (26.05.03):
Publikum feiert gelungene Faust-Inszenierung

Schüler-Ensemble des Gymnasiums und seine "Gäste" wussten zu überzeugen. Goethes anspruchsvolle Texte in ungekünstelter Sprache auf die Bühne gebracht

RÜTHEN. Wenn das Publikum bei der Aufführung von Goethes Faust ( Erster Teil ) durch das Rüthener Theater-Ensemble "Spectaculum" nach dreieinhalb Stunden mit nur einer kurzen Pause zum Schluss die Darsteller und den Regisseur mit "Standing Ovations" gut eine viertel Stunde lang feierte, dann müssen Inszenierung und Verwirklichung wirklich eine besondere Qualität gehabt haben. Und das traf in der Tat auch zu!

Was die etwa drei Dutzend jungen Leute der Theatergruppe des Friedrich-Spee-Gymnasiums und die beiden Schülerväter, "Gäste" von der Rüthener Theatergruppe "Jodocus", am Samstagabend unter ihrem Regisseur Herrmann Bertling geleistet haben, das ging weit über den Rahmen von Schülertheater hinaus. Die Akteure schafften es, sich vom Deklamieren zu lösen und ihre Texte in einer natürlichen und ungekünstelten Sprache in Rede und Gegenrede zu präsentieren. Auch Mimik und Gestik überzeugten.

Die Kostüme wiesen allerdings nicht jene aufeinander abgestimmte Farbharmonie auf, wie wir sie von subventionierten Bühnen kennen. Die Hexen und die Geister waren fantasievoll ausstaffiert. (Ein schmales Budget macht kreativ.) Für die Hauptdarsteller hatten die Kostümbildnerinnen Sonderanfertigungen geschneidert. Ansonsten wurde manche moderne Weste zum mittelalterlichen Wams umfunktioniert. Das professionelle Bühnenbild ermöglichte einen raschen Szenenwechsel. Mit vier hohen Wänden auf Rollen wurden immer wieder neue Spielräume geschaffen.

Zu Beginn ging es etwas akademisch an Goethes gelehrtem Text entlang. Aber dann öffnete sich krachend eine Klappe im Bühnenboden, und unter Blitz und Donner erschien des Herrgotts Gegenspieler, Mephistopheles, der "Geist, der stets verneint". Der quirlige Darsteller Hartwig Bertram buckelte sich im roten Umhang an den "Alten" heran. Mit berechnender Bosheit ließ er seine Sarkasmen wirkungsvoll vom Stapel. Vor jeder bösen Pointe machter er eine kleine Pause und genoss es, wenn er Anstoß erregte.

Der alte Faust ( Friedhelm von Meißner) hielt mit einer Albert-Einstein-Mähne seinen berühmten Monolog. Es folgten die Gespräche mit dem Erdgeist, mit Wagner, Pakt mit Mephisto. Die Inszenierung orientierte sich genau am Text, keine Aktualisierungen, keine Verfremdungen. Regisseur Hermann Bertling ging es um eine werkimmanente Inszenierung.

Die folgenden Szenen - die tragische Liebesgeschichte - ließen nicht kalt. Der junge Faust wurde mit großem Ernst von Jasper Hangebrauck dargestellt. Immer wieder wurde jetzt das Spiel der jungen Darsteller von begeistertem Beifall unterbrochen. Clarissa Struwes Gretchen rührte an: Seine Schüchternheit, sein Schmerz, seine Gebete, sein Wahnsinn und seine Verzweiflung. Beide Darsteller könnte man sich gut im Ensemble eines professionellen Theaters vorstellen. Auch Anne Klaus als Marthe trauerte und balzte sich bestens durch ihre Rolle. Am Ende sprach Mephistopheles das Urteil über Gretchen: "Sie ist gerichtet." Anders als bei Goethe gestand er seine Scheitern ein, sprach die folgenden Worte "Sie ist gerettet" selbst und ging gebeugt von der Bühne.

Weitere Aufführungen finden am Dienstag, 27. Mai, am Samstag, 31. Mai und am Donnerstag, 5. Juni statt.

wh